Die Bernouilli-Gleichung für kompressible Fluide

In Arbeit

In einer Strom­röhre bleibt bei einem imkom­pres­siblen Fluid \( \) wie Öl oder Wasser oder nähe­rungs­weise genügend langsam strömender Luft nach Bernoulli die Summe

\[ p =\frac{\varrho}{2} v^2 = p_0 \] konstant.

Das ist die Grundlage der Messung der Geschwindig­keit \(v\) einer Strömung aus der Diffe­renz des Gesamt­drucks \(p_0\) an einem Staurohr (Pitot-Rohr) und des statischen Drucks \(p\) in der ungestörten Strömung als \[ v=\sqrt{\frac{2}{\varrho}\left(p_0-p\right)}. \] Fahrtmesser in Luftfahr­zeugen haben keine Kenntnis der Luft­dichte. Bei ihnen kann der Luft­druck in Meereshöhe als QNH ein­gestellt werden. Dem ent­spricht dann in Standard­atmo­sphäre eine dortige Dichte. Sie dient im Aus­druck für die Geschwin­dig­keit \(v\) als Dichte \(\varrho\). Aus der damit angezeigten Geschwin­dig­keit (indicated air speed IAS) kann die wahre Luft­geschwin­dig­keit (true air speed TAS) berechnet werden.

Der Fahrtmesser verwendet zur Berech­nung der Geschwin­dig­keit die Standard­luftdichte in Meeres­höhe. Die tat­sächliche Luft­dichte am Meß­ort steht ihm nicht zur Verfügung. Aus der bekannten Dichte­höhe ergibt sich aber eine Korrektur, die dann die wahre Geschwindig­keit TAS liefert. Die Dichte­höhe verändert sich für jedes Grad der Ab­weichung von der Norm­temperatur für die gegebene Druck­höhe um 120 Fuß. Die Druck­höhe ist die Höhe in der Standard­atmo­sphäre, auf der derselbe Druck herrscht, wie am Ort unserer Betrachtung.

In kompressiblen Fluiden gilt dies nicht mehr. In der Bernoulli-Gleichung muß dann die Dichte der inneren Energie des Fluids ergänzt werden. Sie ist \[ e = v_VT (3) \] oder – unter der Verwendung der Gas­gleichung \[ \frac{p}{\varrho}=RT \] mit \(R=c_p-c_V\) sowie \(\kappa =c_p/c_v\) \((=1.4\) für Luft) gleich \[ e=\frac{1}{\kappa-1}\,\frac{p}{\varrho}. \] Nach Division durch die (wegen Kom­pres­siblität jetzt nicht mehr konstante) Dichte? modifiziert sich die Bernoulli-Gleichung damit zu \[ \frac{p}{\varrho} + e +\frac{v^2}{2} = \frac{p_0}{\varrho} + e_0. \] Dies führt auf \begin{align} \frac{v^2}{2} &= c_p\left(T_0-T\right)\\ & = \frac{\kappa}{\kappa-1} \left(\frac{p_0}{\varrho_0} - \frac{p}{\varrho} \right). \end{align} Mit der Schall­geschwindig­keit \[ a = \sqrt{\kappa RT} = \sqrt{\frac{\kappa p}{\varrho}} \] ergibt sich für die Mach-Zahl \(M\equiv v/a\) \begin{align} M^2 &= \frac{2}{\kappa-1} \left(\frac{T_0}{T}-1 \right)\\ &=\frac{2}{\kappa-1}\left(\frac{p_0/\varrho_0}{p/\varrho -1} \right) \end{align} Aus der ersten Form ist die von Kom­pressions­effekten unab­hängige statische Temperatur T (static air temperature SAT) bestimmbar, die für die Ver­eisungs­gefahr von Flugzeug­flächen ent­scheidend ist, wenn neben der Mach-Zahl M die Gesamt­temperatur \(T_0\) (total air temperature TAT) im Stau­rohr gemessen wird. Es ist \begin{align} \text{SAT} = T &= \frac{T_0}{a+\displaystyle \frac{\kappa-1}{2}\,M^2}\\ &=\frac{T_0}{1+0.2\,M^2}. \end{align} Unter der Annahme adiabatischer Zustands­änderungen, d. h. \(p/\varrho^\kappa = p_0/\varrho_0\kappa \) erhält man daraus \[ M =\sqrt{\frac{2}{\kappa-1} \left(\left(\frac{p_0}{p} \right)^\frac{\kappa-1}{\kappa} -1\right) } \] Hiernach läßt sich also die Mach-Zahl \(M\) allein aus dem Ver­hältnis des Gesamt­drucks \(p_0\) am Stau­rohr und dem statischen Druck \(p\) der un­gestörten Strömung bestimmen.

Erweitert man dies mit der Schall­geschwin­dig­keit \( a_\text{MSL} = \sqrt{\kappa R T_\text{MSL}} \) in Meeres­höhe MSL, ergibt sich die wahre Luf­tgeschwin­dig­keit (true air speed TAS) als \begin{align} \text{TAS} &= v\\ &= \sqrt{\frac{T}{T_\text{MSL}} } \sqrt{\frac{2\kappa RT_\text{MSL}}{\kappa-1} \left( \left(\frac{p_0}{p}\right)^\frac{\kappa-1}{\kappa} -1 \right) }. \end{align} Geht man jetzt zur äqu­ivalenten Geschwindig­keit (equivalent air speed EAS) über, so erhält man \begin{align} \text{EAS}&= \text{TAS}\sqrt{ \frac{\varrho}{\varrho_\text{MSL}} }\\& =T\sqrt{ \frac{\varrho}{\varrho_\text{MSL}} }\sqrt{2\frac{\kappa}{\kappa-1} \left(\left( \frac{p_0}{p} \right)^\frac{\kappa-1}{\kappa} -1\right)}. \end{align} (Bei gleicher äquivalenter Geschwin­dig­keit hat ein Flugzeug unabhängig von der Dichte der umgebenden Luft immer denselben aero­dynamischen Auftrieb.)
Die Geschwindig­keit EAS läßt sich also – wenn auch nur durch einen recht kom­plizierten Aus­druck – ausdrücken durch die Schall­geschwindig­keit in Meeres­höhe sowie das Verhältnis der meß­baren Größen statischer Drucks \(p_0\) im Staurohr und \(p\) im ungestörten Luft­strom.

© Günter Green
  18-Aug-2023
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