Bewegung im Coulomb-Kraftfeld

Zwei identische Teilchen mit der Ladung \(q = 1.6 · 10^{-19} \text{ C}\) und der Masse \(m = 1.67 · 10^{-27}\)  kg (nackte Protonen) befinden sich zur Zeit \(t = 0\) in Ruhe \((v = 0)\) in einem Abstand von \(10^{-10}\) m voneinander. Unter der Wirkung ihrer Coulomb-Felder streben sie auseinander, was ihre elektro­statische Energie zugunsten ihrer kinetischen Energie verringert. Wenn sie sich dabei beschleunigt bewegen, geben sie Energie als elektro­magnetische Strahlung ab. Welche Geschwindig­keit haben sie nach einer Strecke von \(10^{-7}\)  m?

Zur Antwort

Ihr gegenseitiger Abstand sei \(r (t) = 2x (t)\). Sie stoßen sich gegen­seitig ab mit der Coulomb-Kraft \[ F(x(t))=k\,\frac{q^2}{4x(t)^2} \] Jedes von ihnen hat den Impuls \(p(t) = m\dot{x(t)}\). Nach dem zweiten Newtonschen Gesetz ist \(\dot{p} = F\), und dem­entsprechend gilt mit der Konstanten \(a\) \[ \ddot{x} = \frac{a}{x^2}. \] Multipliziert man beide Seiten mit \(\dot{x}\) , so wird aus der Gleichung für Kraft eine Gleichung für Leistung (beide bis auf einen Masse­faktor). Man erhält \[ \dot{x}\ddot{x} = a \frac{\dot{x}}{x^2} \] oder \[ \frac{∂}{∂ t} \left( \dot{x} - \frac{a}{x} \right) = 0. \]

Diese Differential­gleichung hat die Lösung \[ \dot{x} - \frac{a}{x} = b \] Damit gilt für die gesuchte Geschwindig­keit \(v = \dot{x}\) als Funktion der zurück­gelegten Strecke \(x\) \[ \boxed{ v (x ) = \frac{a}{x} + b} \] Sie enthält die beiden Konstanten \(a\) und \(b\). Die Konstante \(a\) stammt aus der Coulomb-Kraft-Glei­chung. Die andere Konstante \(b\) ist Inte­grations­konstante. Sie ist durch die Anfangs­bedingungen zu bestimmen.

In die Leistungs­gleichung könnte diejenige Leistung aufgenommen werden, die elektro­magnetisch abgestrahlt wird, weil die aus­einander­fliegenden Protonen sich nicht gleich­förmig sondern beschleunigt bewegen. Dieser Verlust ist proportional zu \(\ddot{x}^2\), dem Quadrat der Be­schleu­ni­gung.

Wenn man annimmt, daß dieser Verlust sehr schwach ist, könnte man unter dessen Vernach­lässi­gung nähe­rungs­weise zunächst die Geschwindig­keit \(v(x)=\dot{x}\) und daraus die Beschleu­nigung \begin{align} \ddot{x}& =\frac{∂v}{∂t} =\frac{∂v}{∂x} \frac{∂x}{∂t}\\ &=-\frac{a}{x^2}\,\dot{x} = -\frac{a^2}{x^3}-\frac{ab}{x^2} \end{align} als Funktion der Ortes \(x\) bestimmen, was dann die Dgl. erweitern könnte.

Die so gefundene Orts­abhängig­keit der Beschleunigung \(\ddot{x}\) des elektro­statisch abgestoßenen Protons bedeutet für den zu \(\ddot{x}\) propor­tionalen Strahlungs­verlust, daß er mit \(x^4\), also einer recht hohen Potenz der durch­laufenen Strecke \(x\) abklingt. Der stärkste Strahlungs­verlust geschieht am Bahn­anfang, und nur dort wäre er zu berücksichtigen.

© Günter Green  zu den Physikthemen
  9-Okt-2023
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