Freier Fall in der Atmosphäre
Ein Körper der Masse \(m\) werde
in einer Höhe \(z\) fallengelassen.
Auf ihn wirkt bei seinem senkrechten Fall beschleunigend sein Gewicht
\(G = mg\).
Die Erdbeschleunigung \(g \approx 1/z^2\)
ist in 100 km Höhe nahezu konstant.
Gleichzeitig wird der Körper durch den Luftwiderstand
(mit \(v := \dot{z}\))
\[
W = Sc_w\frac{\varrho}{2} v^2
\]
gebremst.
(\(S= \) Stirnfläche,
\(c_w =\) formabhängiger Widerstandsbeiwert).
Die Luftdichte
\[
\varrho(z)=\varrho_0 \text{e}^{-z/z_0}
\]
nimmt mit \(z_0\approx 10\) km schwach mit der Höhe ab,
Damit lautet mit \(v:=\dot{z}\) die Bewegungsgleichung
\[
m \frac{\text{D}v}{\text{d}t} = - m g + S c_w \frac{\varrho(z)}{2} v^2.
\]
Sie ist also mit
\(b=Sc_w\varrho_0/(2m)\)
von der Form
\[
\frac{\text{d}v}{\text{d}t} -g + b\text{e}^{-z/z_0} v^2
\]
Am Anfang eines Falles aus der Höhe \(z_1\) zur Zeit \(t=0\),
solange die Fallgeschwindigkeit \(v\) noch sehr klein ist,
vereinfacht sich die Gleichung zu
\[
\frac{\text{d}v}{\text{d}t}=g
\]
mit der Lösung
\[
v(t) = -g t \text{und } z(t)=z_1-\frac{g}{2} t^2.
\]
Die Falldauer von \(z_1\) bis \(z\) beträgt
\[
t(z) = \sqrt{\frac{2\left(z_1-z\right)}{g}}.
\]
Eine konstante Fallgeschwindigkeit ohne weitere Beschleunigung stellt sich wegen der
obigen Bewegungsgleichung ein, wenn der Luftwiderstand gleich dem Gewicht wird,
wenn also
\[
v = \sqrt{\frac{g}{b}\text{e}^{z/z_0}} - \sqrt{\frac{2mg}{Sc_w\varrho_0}\text{e}^{z/z_0}}
\]
erreicht wird.
Je tiefer ein Körper in die Atmosphäre eindringt, um so niedriger ist diese
Geschwindigkeit.
Nahe dem Meeresspiegel bei \(z \approx 0\) wird unabhängig von der Ausgangshöhe
nur noch \(\sqrt{g/b}\) erreicht.
Seine Aufschlaggeschwindigkeit ist dort
\[
v=\sqrt{\frac{2mg}{Sc_w\varrho_0}}.
\]
Er schlägt auf mit der kinetischen Energie
\[
E_\text{kin} = \frac{m}{2} v^2 = \frac{g}{S c_w \varrho_0} m^2.
\]
Zahlenbeispiel:
Mit
\begin{align}m&=100\text{ kg}\\
S&=1\text{ m}^2\\ c_w&=0.3\\ \varrho_0&\approx 1.2\text{ kg/m}^3
\end{align}
ist die Aufschlaggeschwindigkeit in Meereshöhe
\begin{align}
v_\text{max} &= \sqrt{\frac{g}{b}} =\sqrt{ \frac{9.81\cdot100}{1\cdot0.3\cdot0.6}}\\
&=73.8\text{ m/s} = 265.8\text{ km/h}.
\end{align}
Bei gegebener Dichte und Form ist die Stirnfläche eines Gegenstandes proportional zum Quadrat
und seine Masse zur dritten Potenz seines Durchmessers.
Dadurch nimmt diese Geschwindigkeit mit der Wurzel des Durchmessers zu.
- Große Regentropfen fallen deshalb schneller als kleine. Man beobachtet:
Beim Aufziehen einer Warmfront, in der zuerst mangels Turbulenz nur
kleine Tropfen entstehen, kommen aus ihrem Größenspektrum zuerst
die größeren Tropfen am Erdboden an.
- Staubkörner sinken wegen ihrer Kleinheit äußerst langsam zu Boden.
- Sahara-Staub kann in der Atmosphäre wegen kleiner Sinkrate der kleinen
Teilchen weit bis nach Nordeuropa
mitgeführt werden, ohne auf den Boden zu gelangen.
- In Gewittern können Hagelkörner durch wiederholte
senkrechte Bewegungen stark anwachsen und dann mit beträchtlicher kinetischer Energie
beim Aufschlag Schäden verursachen.
- Ballistische Raketen fallen nach Brennschluß wegen ihrer großen Masse
und ihres niedrigen Widerstandsbeiwertes mit hoher Geschwindigkeit ein.
© Günter Green
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11-Mai-2023