Ist Regenwasser sauber

Man könnte meinen, frisch aus den Wolken fallendes Regenwasser sei besonders sauberes Wasser, da es nicht mit Oberflächen in Berührung kommt, an denen es Schmutz und Schadstoffe aufnehmen könnte.

Diese Hoffnung täuscht. Denn wenn man Regenwasser in einem Glase auffängt und es verdunsten läßt, bleiben Stoffe übrig, was man von sauberem Regenwasser nicht erwartet hätte. Auch wurde vor einigen Jahren viel über sauren Regen geklagt, was bedeutet, daß er z. B. Schwefeldioxid enthält, so daß sein pH‑Wert meßbar bei etwa 4.2–4.8 liegt. In neutralem Wasser läge er bei 7.

Wie kommen solche Stoffe in den Regen?

Regen entsteht, wenn der (unsichtbare) Wasserdampf mit der Luft aufsteigt, die sich dabei abkühlt. Dabei steigt die relative Luftfeuchtigkeit. Wenn sie hundert Prozent ihres maximalen Wertes erreicht, kann sie zu Tröpfchen flüssigen Wassers kondensieren. Voraussetzung für eine beginnende Kondensation sind Kondensations­kerne, um die herum sich zunächst winzige Tröpfchen bilden.

Wenn die Temperaturschichtung der Atmosphäre ausreichend instabil ist, d. h. wenn die Temperatur mit der Höhe schneller abnimmt als in der Standard­atmoshäre, dann läßt die entstehende Turbulenz der Luft die Tröpfchen kollidieren, so daß sich daraus zunehmend größere Tröpfchen bilden, die all die Kondensations­kerne der Ursprungs­tröpfchen enhalten.

Mit der Größe der Tropfen steigt deren Gewicht schneller als ihr Luft­widerstand, und sie beginnen herabzuregnen. Wie man beobachtet, erreichen bei einsetzendem Regen deshalb die großen Tropfen vor den kleinen den Erdboden.

Jeder Tropfen enthält auf diese Art proportional zu seiner Größe zahlreiche Kondensations­kerne, die sich aus Abgasen und Fein­stäuben aller Art zusammensetzen.

Säubert Regen die Luft?

Man könnte anschaulich denken, der fallende Regen wäscht die Luft sauber. Die Luft wird jedoch weit vorher von Schadstoffen und Feinstaub gereinigt, nämlich dann, wenn sie wie beschrieben bei instabiler Temperatur­schichtung aufsteigt und die Verunreinigungen als Kondensationskerne an Wasser­tröpfchen abgibt. Solche Instabilität hat man hinter der Kaltfront von durchziehenden Tiefdruck­­gebieten, erkennbar an klarer Luft zwischen Wolken. Wegen der dabei oft kühleren Luft mit schauerartigen Niederschlägen spricht man von schlechtem Wetter.

Ganz anders ist die Lage bei Hochdruckgebieten, in denen die Luft im Gegensatz zu Tiefdruckgebieten eine absinkende Tendenz hat. Sie wird dabei trüber, und die Himmel erscheint zunehmend milchig. Es gibt keine Schauer­neigung, der Wind ist meist schwach, und es ist wärmer als beim Tiefdruck. Dies alles wird üblicherweise als gutes Wetter gelobt.

Anders als häufig vermutet ist aber, wie hier erläutert wurde, dieses sogenannte gute Wetter tatsächlich ungesünder als das erstgenannte schlechte Wetter mit der gesünderen saubereren Luft.

© Günter Green      zur Liste der Physikthemen
  2-Okt-2021
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