Gegen diesen Erklärungsversuch spricht, daß man solchen Überdruck im unteren Bereich nicht findet. Würde man solchen Baum nämlich unten anritzen, dann müßte dort Wasser unter Druck ausfließen.
Gegen diese Vorstellung spricht, daß man Wasser in einem Schlauch durch Unterdruck am oberen Ende nicht höher saugen kann, als es durch den Luftdruck am unteren Ende hochgedrückt wird. Bei einem mittleren Luftdruck von 101325 Pa wäre die Höhe etwa 10.33 m.
Zu Vermeidung dieses Hubproblems bei Höhen über 10 m werden dann auch negative Drücke herangezogen – und zwar kommentarlos unter Mißachtung aller kinetischer Gastheorie. Dazu stellt man sich vor, daß man z. B. bei einem geschlossenen wassergefüllten Zylinder an einem Kolben hierzu beliebig stark ziehen kann. Hierbei wird dann vergessen, daß Wasser einen (temperaturabhängigen) Dampfdruck hat und daß Wasser so weit verdampfen würde, daß der Druck gleich dem Dampfdruck bleibt. Durch Kohäsion, so wird gesagt, träte das aber nicht ein.
Auch hier entsteht entlang jeder senkrechten Röhre ein Druckgefälle. Wenn Wasser durch Oberflächenspannung kapillar auf zehn Meter Höhe gebracht wird, dann bildet sich unten durch das Wassergewicht ein Überdruck von 1 bar, der Wasser dort ausströmen lassen würde, sobald eine Undichtigkeit auftritt. Das aber wird nicht beobachtet.
In einem Rohr mit einem Radius von 1 mm beträgt die Steighöhe von Wasser 14 mm, bei einem Radius von 10 μm wäre sie 1.4 m (siehe). Diese Werte lassen es ebenfalls unwahrscheinlich erscheinen, daß durch Kapillarkraft 10 m oder mehr erreicht werden können.
Es ist daher anzunehmen, daß die für den Wassertransport zuständigen Mechanismen mehr oder weniger stetig über die gesamte Baumhöhe verteilt arbeiten.
Solange dies aber nicht bestätigt ist, kann man die Frage des Wassertransports in Bäumen noch nicht als geklärt betrachten.
Es besteht also noch Klärungsbedarf.
© Günter Green
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3-Nov-2019